Donnerstag, 30. Mai 2019

von San Francisco nach Los Angeles

Langsam wird es kühl. Noch zeichnet ein Baum seinen Schatten auf die Häuser der gegenüberliegenden Straßenseite, aber bald werden die Schatten alles verschlucken.
Zeit, den Camper in Bewegung zu setzen, eine weitere Nacht in San Francisco muss man nicht haben.

Unsere Route ist durch den Highway Nr. 1 vorgegeben. Diese Straße schlängelt sich über mehr als 1000km entlang der kalifornischen Pazikküste und soll uns zu unserem Ziel Los Angeles führen.

Kaum haben wir den Highway 1 und damit die Küste erreicht, erleben wir, was sich bereits am Golden Gate abzeichnete - Küstennebel.   Kaltes Meer und warme Luft aus dem Landesinneren treffen aufeinander, so entsteht ein für Kaliforniens Küste wohl typische Phänomen.
Zum Nebel gesellt sich Dunkelheit, das Abblendlicht streut an den feinen Kondenswassertröpfchen und man sieht - nichts, nichts außerhalb der Straße.
Wir suchen aber einen geeigneten Stellplatz für die Nacht. Mit derart beschränkter Sicht eine unangenehme Situation. Roadside Camping ist zwar immer wieder möglich, wir sehen auch einige Motorhomes, die so abgestellt sind, aber direkt neben der Straße - nö.
Ein Abzweig vom Highway 1 führt uns von der Küste und ein Abzweig vom Abzweig auf eine unbefestigte Straße, irgendwo. Das Licht des Campers entreißt immer nur ein kurzes Wegstück der Dunkelheit, es geht in's Ungewisse. Rechts und links des Weges Acker und Drahtzäune, einfach mal hinstellen ist nicht möglich.
Zurückfahren? Wir suchen nur noch einen Abzweig zum Wenden. Dann aber doch eine Abstellfläche neben dem Weg. Besseres werden wir wohl nicht finden in der Nacht.
Motor aus, Licht aus, Finsternis und Stille.
Nicht ganz. Man hört ein entferntes Rauschen, die Küste kann nicht so weit sein. Nach einiger Zeit der Gewöhnung lässt sich erahnen, irgendwo über dem Nebel leuchtet der Mond.
Und dort, wo die Schatten mächtig werden, formen sich Nebelschlieren. Aus dem Wabern schwebt es heran ...
    ... Jetzt wollen wir mal nicht übertreiben. Die Szenerie hatte schon etwas Gruseliges, aber letztlich sind wir am Rande eines Ackers an der kalifornischen Küste, beruhigenderweise funktioniert sogar das Internet via Datenfunk.

Der Folgemorgen zeigt sich immer noch grau nebelig ...
... leider wollte sich das (fast) nicht mehr ändern.

Hin und wieder erahnt man die Richtung, aus der die Sonne vergeblich bemüht ist, den Nebel aufzulösen.


Nur einmal, als der Highway 1 eine an die Küste reichende Hügelkette überwindet, entfliehen wir dem Nebel ...
... und haben von oben einen  Blick auf "das Grauen".


Unterwegs ein Hinweis, dem wir folgen, eine Parkfläche auf die wir fahren und einen Pfad, auf dem wir wenige Meter bis an die Küste laufen.
Was hat das Rohr hier ausgeschüttet?

Natürlich nicht aus dem Rohr sondern aus dem Meer kommend haben sich hier Seeelefanten zum Schlummern gebettet.
Die charakteristische Rüsselnase der Bullen ist (für unser ungeübtes Auge) nicht zu erkennen. Offenbar hält hier nur die Damenwelt ihren Schönheitsschlaf. Ruhig darf man sich das trotzdem nicht vorstellen. Immer wieder wälzt sich jemand in eine neue Ruheposition und stört unweigerlich seine Nachbarn. Noch interessanter wird es, wenn ein Neuankömmling vom Rand der Ansammlung in deren Mitte vordringen will. Man robbt (im wahrsten Sinne des Wortes) über die Anderen hinweg und gelegentlich kneift man einen der Schlafenden, um seinen Anspruch auf einen Ruheplatz zu bekräftigen.


Wir erreichen Morro Bay, wählen den günstigsten der dort verfügbaren Campgrounds (mit ausgesprochen freundlichen Betreibern) und bekommen den Platz für die Durchreisenden zugewiesen - neben dem Klo.
Für eine Nacht völlig i.O., zumal, auf dem Dach des Sanitärgebäudes die WLan-Antenne thront, der Internetzugang war exzellent.
Der Campground ist gut gefüllt, überwiegend Dauercamper, wahrscheinlich sogar dauerhaft hier Wohnende. Es fühlt sich an wie "aufm Dorf".

Jutta besucht den Strand ...
... und Morro-Rock, zumindest das, was davon geblieben ist.
Zwei Indianerstämme beanspruchen diesen ehemalige Vulkanpropfen als heilige Stätte. Ihre Interventionen führten dazu, dass der am Felsen betriebene Steinbruch deaktiviert wurde, sonst würde der Bucht wohl das Wahrzeichen fehlen.
Für ein Bad ist das Wasser einfach zu kalt - und dann gibt es noch diesen Hinweis:



Wegewahl am nächsten Morgen, wir wollen wieder Sonne!
Immer nur kühl, unterschiedliche Grauschattierungen statt Sonnenschein, landschaftliche Highlights verbergen sich entweder im Nebel oder überzeugen den "Neuseeland-Erfahrenen" nur wenig.
Der ursprüngliche Plan wird verworfen, anstelle des Highway 1 flüchten wir auf eine Route weiter im Landesinneren. Nebel und Wolken bleiben hinter dem Küstengebirge zurück.

Es wird wieder ein Fahrtag ...
... der im "Hungertal" enden soll.

Hier gibt es eine Reihe von Campgrounds, da wird bestimmt etwas Geeignetes dabei sein. Für 10$ Gebühr kann man nach Belieben einen der Campgrounds im staatlichen Erholungspark nutzen.
Erholungspark? Unsere Übersetzung von "Hungry Valley State Vehicular Recreation Area" berücksichtigt nicht den Zusatz "Vehicular".

Eine riesige Spielwiese für Autonarren, ein Gebiet zum Austoben. Hier zu nächtigen ist uns irgendwie unheimlich. Nach knapp 20 km haben wir den Park verlassen und sind erleichtert, die Weiterfahrt unter "normalen" Verkehrsteilnehmern fortzusetzen.

Zwischendurch eine Erinnerung daran, dass die USA Ziel auch deutscher Einwanderer waren.

Die Nacht verbringen wir auf auf einem Parkplatz. Zwar schön gelegen an einem Stausee aber überteuert.


Am Folgemorgen brechen wir sehr früh auf, um die Parkgebühr nicht auch für diesen Tag zahlen zu müssen. Auf der Suche nach einem Ort für's Frühstück finden wir "nur" 7 km entfernt einen sehr schönen Stellplatz, zudem kostenfrei. Aber zu spät.

 Wir verlassen bald endgültig das Bergland zugunsten der Küstenebene, in der LA liegt. Das Straßennetz wird unübersichtlich, der Verkehr dichter ...
... ohne Navi hätten wir wohl kaum den Campground nahe der Mündung des Los Angeles Rivers gefunden. Für eine Lage inmitten der Großstadt recht hübsch und nicht zu teuer.

Der Tag endet mit einem Spaziergang, zwei Meilen sind es bis Long Beach.
Queen Elizabeth liegt hier als Hotelschiff, ihre größere und moderne Verwandte verlässt den Hafen.

An Long Beach herrscht zu später Stunde kein Gedränge mehr.
Einmal barfuß an diesem Strand ...
... und zurück zum Campground.
Tatsächlich laufe ich fast die gesamte Strecke  ohne Sandalen. Da hat wohl der Neuseeland-Aufenthalt abgefärbt.


Am Folgemorgen treffe ich meinen Zwillingsbruder. Wir verabreden einen Tausch. Ich bleibe in LA und mein rasierter Bruder setzt die Reise fort. (Aber nicht meiner Holden verraten.)

Die Abgabe des Campers (schluchz ...) verläuft reibungslos, ebenso wie der Transfer zum Flugplatz.
Bis kurz nach Mitternacht müssen wir warten ...
... bis der Flieger endlich Richtung Costa Rica abhebt.



Tschüss USA. Ein tolles Land und überwiegend freundliche Bewohner. (Warum wählen die einen so seltsamen Präsidenten?) 
Was ich mir zu Beginn der Reise nicht vorstellen konnte - ich möchte nocheinmal hierher. Das macht aber wohl erst Sinn als Rentner.
Nur die Umweltsauerei einer Fernreise lässt mich zweifeln. (Natürlich haben wir zur "Kompensation" an eine Entwicklungshilfeorganisation gespendet, die Projekte zur CO2-Einsparung unterstützt. Ob das reicht?)
Wer weiß, was die Zukunft bringt.

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