Dienstag, 28. Mai 2019

Johßämmittie

Wollen wir dort hin?
Ja!


Nationalparks in den USA - vor unserer Reise war das für mich ähnlich bedeutsam wie die Rückseite des Mondes. Schön, dass es sie gibt, aber was soll ich in Nordamerika?
Ja, vom Yellowstone-Park hatte ich schon gehört, vom Gelbsteinfluss in Indianerbüchern gelesen. Und irgendwo gibt es dort auch Yosemite - mit beträchtlicher Unsicherheit bezüglich der Aussprache. Das "Johsemiete" nicht richtig sein kann war mir schon klar, aber die Sprechweise "Johßämmittie" (mit Betonung auf der zweiten Silbe) ist für mich eine Erkenntnis jüngeren Datums.
Da wollen wir jetzt also hin. Yosemite liegt wie der Sequoia-Park in der Sierra Nevada, zunächst fahren wir also in das kalifornische Tiefland und dort nach Nordwesten, bevor sich die Route wieder ins Gebirge wendet. Und nun sind wir im "Yosemite RV Resort", damit allerdings ca. 50km von der Nationalparkgrenze und 90km vom eigentlichen Yosemite-Tal entfernt. Die Namensgebung für den Campground erfolgte wohl in der Hoffnung auf eine gute Vermarktung.

Trotz der Zahlung eines nicht unbeträchtlichen Tributs an die Campingplatzbetreiber wird uns am Morgen das Wasser abgedreht ...
... man treibt uns also auf die Straße - Richtung Nordwest.


Im Sommer 2018 wüteten gewaltige Feuer im Nationalpark, 390km² Wald wurden vernichtet, eine Fläche fast so groß wie Usedom.
Verbrannter Wald begleitet lange Straßenabschnitte.



Erster Blick in das Yosemite-Tal. Das Wetter zeigt sich durchwachsen-regnerisch-kühl und sollte auch so bleiben.

Gewaltige Granitwände prägen das Bild des Tales. Dazwischen haben Eiszeitgletscher den Talgrund  relativ flach ausgeschoben.

Diese unscheinbaren Wasserfälle ...
... zeigen manchmal ein spektakuläres Bild...
... (Foto aus Wikipedia), aber nur Ende Februar, nur wenn z.B. durch Regen und / oder die beginnende Schneeschmelze ausreichend Wasser über die Kante stürzt und nur, wenn bei Sonnenuntergang der Himmel klar ist. 
Bei uns ist eine der Bedingungen erfüllt, leider gibt es aber keinen klaren Sonnenuntergang und im Februar waren wir noch in Neuseeland.

Trotz des Wetters ist es eine Herausforderung, einen Parkplatz zu finden, im Sommer muss hier wahrscheinlich das Kriegsrecht ausgerufen werden. Auf dem für Wohnmobile vorgesehehen Platz geht nichts. Auf dem PKW-Parkplatz drängeln wir uns in eine Lücke und haben kein schlechtes Gewissen, weil einige der großen "Amischlitten" kaum weniger Platz als unser kleiner Camper beanspruchen.

Einige Bilder vom Spaziergang im Talgrund:
Wasserfall 1 (einer von insgesamt 12 hier im Tal)
Nebel
Wassefall 2
Wasserfall 3 - der Yosemite Fall, (wahrscheinlich) der weltweit fünfthöchste Fall - aus drei unterschiedlichen Perspektiven


 Aufkleber fürStahl-Vorratsschränke.


Winterstürme haben etliche Bäume umgerissen, die Aufräumarbeiten stehen noch am Beginn.

In diesem Fall haben die Schäden durch den Windbruch auch etwas Gutes - zumindest für uns:
Für gewöhnlich sind die Plätze auf den Campgrounds im Yosemite-Valley Wochen und z.T. sogar Monate im Voraus online ausgebucht. Da in diesem Jahr noch nicht klar war, wie lange die Aufräumarbeiten dauern, wurden für das zeitige Frühjahr noch keine Onlinereservierungen geschaltet. Und damit gelingt es uns unvermutet bei einer Nachfrage in der Campgroundverwaltung noch einen Platz zu ergattern.


In der Nacht prasselt immer 'mal wieder Regen auf den Camper, kalt ist es noch dazu. Unser Respekt gilt einigen Hartgesottenen, die hier in Zelten campieren und sich scheinbar nicht verdrießen lassen.

Noch sind nicht alle Routen freigegeben, einerseits haben Fels- und Baumstürze einige Wege schwer passierbar gemacht, andererseits findet man in den Hochlagen noch Einiges an Schnee. Was geht ist eine Wanderung zum Vernal-Fall.

Am Startpunkt, das Wasser des Merced-Rivers hat sich schon mal den freien Fall gegönnt, den wir noch besichtigen wollen.

Von der Fußgängerbrücke über den Merced-River. Vernal Fall wird erstmals sichtbar, ist aber noch über 2km entfernt.

Nasskalter Aufstieg.



Das ist noch NICHT der Wasserfall.

Erst hier geht's 94 m abwärts.

Da möchte "jemand" mitstürzen und darf nicht.

Auf der Besucherplattform zeigt die Generation Selfistick die Zähne. Ich finde es etwas peinlich, wenn sofort nach dem Foto die Mundwinkel wieder herunterfallen.


Es soll Leute gegeben haben, die hier ins Wasser gestiegen sind. Bis zum unterhalb gelegenen Emerald Pool kann das vielleicht ganz "witzig" sein. Aus dem Emerald Pool speist sich der Wasserfall. Das kalte Wasser und / oder eine Verletzung können aber ganz schnell die Handlungsfähigkeit beeinträchtigen, die Strömung im Emerald Pool ist auch nicht ohne - und dann kann man nicht mehr berichten, ob die Freiflugphase auch noch "witzig" war.

Für den Rückweg wählen wir eine andere Route, etwas länger, aber deutlich geringer frequentiert. Zunächst geht es nochmals bergauf - das ermöglicht einen schönen Blick auf den Fall.

Ein Abstiegshindernis (das im Vordergrund). Davon gab es nicht nur eines.
Blick in ein Seitental.

Ab Mittag klart es auf, das Wetter verführt auf der Weiterfahrt zu einem Halt ...
 ... am El Capitan. Die weltweit höchste monolithische Granitsteilwand ragt hier 1000m empor.

El Capitan zieht viele Kletterer an, diese hier mit Seilsicherung.
Vor zwei Jahren wurde die Wand das erste Mal free-solo, d.h. ohne Sicherung durchstiegen. Für uns Normalsterbliche einfach nur Waaahnsinn!

Auch die Abfahrtsroute ist von den Waldbränden des Vorjahres betroffen.

Hier hatten vor über 20 Jahren Waldbrände gewütet. Man überlässt im Nationalpark konsequenterweise der Natur die Aufforstung - und das dauert.


Schließlich gelingt es uns mit kaum zu übertreffenden Heldenmut sogar das Ende der Welt zu überwinden.

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