Mittwoch, 22. Mai 2019

als wir Seefahrer waren


Neuseeland, das sind auch 15.000 Kilometer prächtige Küsten, geschützte Buchten, Inseln und Häfen. Das Land bietet einfach alles für einen tollen Segelurlaub, Bootstouren von einem unterhaltsamen Kaffeetörn bis hin zu mehrtätigen Seereisen auf einer Maxiyacht. 
Neben Rugby gehört der Segelsport zu den liebsten Freizeitbeschäftigungen der Kiwis.

Auch Rob, unser liebenswerter Gastgeber in Auckland ist dem Segelsport seit seiner Kindheit verfallen und so willigten wir natürlich ein, mit ihm und Michelle einen 4-tägigen Turn zu machen.
Rob ist Wissenschaftler im Bereich der Erforschung und Bekämpfung von Nutzpflanzenkrankheiten. So heißt sein Boot auch „Heliotrope“, „zur Sonne gewandt“. Gemeint ist hier die krautige oder als Halbstrauch wachsende Pflanze mit kleinen, bläulich violetten, nach Vanille duftenden Blüten, auch Sonnenwende genannt. (Typisch Lehrerin…Es soll ja hier jeder auch was lernen.)

 

Wenn auch nur für wenige Tage, so ist doch die Mitnahmeliste recht lang. Mehrere Kisten voller Essensvorräte, Getränke, Decken, kurzum der halbe Hausrat muss auf dem überschaubar großen Boot verstaut werden. Kleine Handwagen helfen, die Sachen von 2(!) vollbeladenen Autos aufs Boot zu transportieren.

Rob ist der Kapitän, Michelle bereits angelernter „Schiffsjunge“ und versierter Smutje auf schwankendem Untergrund .
 Wir dürfen schon mal Kissen fürs bequemere Sitzen anknüppern  und Ausschau halten.
  


Hier in den Gewässern soll es Zwergpinguine geben, außerdem ist der sonstige Schiffsverkehr zu beobachten. Dabei hilft u.a. dieses technische Gerät, welches nicht nur die Position beschreibt, sondern auch z.B. die Wassertiefe verrät.

Es ist allerhand los auf dem Weg nach Waiheke, dem anvisierten Ziel. Wir lassen Auckland mit seiner imposanten Skyline hinter uns, 
passieren Rangitoto, eine unbewohnte Vulkaninsel. Vor 9 Jahren habe ich mit allen damals am Schüleraustausch beteiligten Schülern die 260m bis zum Vulkankrater erwandert, Erinnerungen an die tolle Zeit damals werden wach.

Die Schnellfähre nach Waiheke ist gut gefüllt, es ist bestes Ausflugswetter und das gemeinsame Ziel als Tagesausflug sehr beliebt.

Die Insel  ist nur knapp 18 km von Auckland entfernt, ist nach Great Barrier Island die zweitgrößte Insel im Hauraki Gulf und immerhin 92 Quadratkilometer groß. Der Plan unseres Kapitäns ist, jeden Tag eine andere Bucht anzufahren und von dort aus an Land zu gehen, um die Insel ein wenig zu erkunden.
Doch was ist das? Hat der Klimawandel hier bereits mit dem Ansteigen des Meeresspiegels derart durchgeschlagen?
Die klapprige Hütte erweist sich als Teil einer Kunstausstellung, die jedes 2.Jahr auf der Insel viele Besucher anlockt. 

Auch wir wollen uns die Objekte näher ansehen.
Die Möglichkeiten, vom Ankerplatz an Land zu kommen, sind vielfältig. 

Da Schwimmen nur die zweitbeste Wahl ist, wählen wir zu Viert das gemütliche 2-Mann-Schlauchbötchen und kommen sogar kenterfrei am Ufer an.

 

Auf dem Weg zur Ausstellung passieren wir zunächst eine Schuhschleuse, die Fußbekleidung muss desinfiziert werden. Eine pilzbasierte Krankheit der Kauribäume kann von einem Baum zum nächsten übertragen werden und hat bereits zu großen Verlusten geführt, das gilt es schließlich zu verhindern. Bereits am  Tāne Mahuta , dem Größten seiner Art, hatten wir diese Vorsichtsmaßnahme  wenige Tage zuvor erlebt.

Vorweg, auch ohne Kunstpfad ist die Insel einfach schön. Waiheke ist ein kleines Juwel im Hauraki Gulf. 
 
Auf der Insel  findet man Galerien, Kunsthandwerk, Boutiquen, Cafés und Restaurants. Über ein Dutzend hochqualitativer Weingüter, oftmals wunderschön gelegen, sprechen nicht nur den Weinliebhaber an. Perfekte weiße Sandstrände laden zum Baden, Spazieren gehen oder zum Picknick in der Sonne ein. Von weiter oben ergeben sich immer wieder nette Ausblicke auf die umliegenden Buchten. 
 
  
 

Der Skulpturenwanderweg ließ uns dann wie üblich bei der Betrachtung von Kunstobjekten streiten. Ist das schon Kunst oder kann das weg? Die aufgehängten Mülltüten ließen die Frage wohl zu. 

Was würde man sich selbst in den Vorgarten stellen? Der kritische Betrachter möge selbst entscheiden.
   
  

Nach 2 wundervollen Tagen mit unseren Freunden  schlug die Stimmung bei mir am Morgen des nächsten Tages abrupt um. Von meinem Schulleiter erhielt ich die Mitteilung  per E-Mail, dass ich mit Beginn des neuen Schuljahres an eine andere Schule versetzt bin. Nach 22 Jahren Lehrtätigkeit an „meinem“ Gymnasium hätte die Nachricht nicht brutaler sein können, mögliche neue Arbeitsstätten waren weder vom gleichen Schultyp und alle in weiter weg entfernten Orten. Mit 58 Jahren sollte ich als Newcomer neu anfangen.

Nach Tagung des Katastrophenrates wurde beschlossen, gleich nach Auckland zurückzukehren. Eigentlich wollten wir noch einen weiteren Tag bleiben und eine weitere Bucht ansteuern. Mir tat das auch für unsere Freunde so leid, es war ein Teil ihres Urlaubes, auf den auch sie sich gefreut hatten. Ich musste aber zeitnah reagieren und benötigte die entsprechende Infrastruktur dazu, die mir hier nur unzureichend zur Verfügung stand. 

Also wurde der Anker gelichtet und der Rückweg angetreten. Bilder von der Rückfahrt gibt es keine. Wir hatten so starken Wind, dass ich froh war, nicht über Bord gegangen zu sein. Dem Gatten gefiel die Schieflage des Schiffes, ich empfand es eher als bedrohlich, kam aber zumindest für einige Stunden auf andere Gedanken …
Mehr als nur eine Schrecksekunde gab es dann aber doch noch: Durch das Aufklatschen des Buges beim Überfahren der Wellen löste sich der Anker aus der Halterung, sauste nach unten und verhakte sich unter dem Boot. Das war der Moment, an dem unser sonst so cooler Kapitän Rob ins Schwitzen kam. Bei heftigem Seegang gelang es ihm irgendwann, die Kette mit bloßer Armkraft nach oben zu ziehen. Michelle war solange für das Stabilisieren des Bootes zuständig.
Über die Schäden an seinem Boot schwieg Rob bis zuletzt. 

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