Dienstag, 28. Mai 2019

San Francisco


If you're going to San Francisco … 
Den Titel, mit dem Scott McKenzie 1967 einen Welthit landete, hatte ich beim Überfahren der Oakland Bay Bridge im Ohr. Vor uns zeichnet sich die Skyline der Stadt ab.

  


Auf dem Weg zur Touristeninformation an der Golden Gate Brücke fahren wir zunächst durch die downtown. 

 
 

Ich sende ein Dankesgebet an den Erfinder von Navigationsgeräten. Ein Gewirr von Straßen auf mehreren Ebenen in einer fremden Stadt würde sonst sicher den Familienfrieden empfindlich stören. 



Die Situation ist bei der Suche nach einem Parkplatz angespannt, eine halbe Stunde vor der Schließzeit des Besucherzentrums werden wir schließlich fündig und decken uns mit notwendigem Info- Material ein. Ich freue mich, ein geeignetes Hintergrundmotiv für den sich ebenso freuenden Fahrer gefunden zu haben.


Das Lied wird zum Ohrwurm … Die Stadt war damals Hochburg der Hippies und Magnet für Künstler, Aussteiger und Einwanderer.
Jetzt ist sie das Zentrum der Internet-Industrie. In San Francisco befinden sich die Hauptquartiere von Airbnb, Twitter und Uber, im benachbarten Silicon Valley sind mit Facebook, Google und Apple DIE führenden Technologie-Konzerne ansässig. Die Expansion der Internetwirtschaft in San Francisco hat die Immobilienpreise und damit die Mieten extrem  in die Höhe schnellen lassen und somit die Gentrifizierung sowie die soziale Spaltung rasant beschleunigt. Die Folge sind steigende Obdachlosenzahlen in einer Stadt mit der höchsten Milliardärsdichte der Welt. (Pro 11.000 Einwohner ein Milliardär!!!).
Der Campingplatz liegt ziemlich am anderen Ende der Stadt, erst kurz vor der Dämmerung erreichen wir den „Candlestick RV Park“ .Wir zahlen hier satte 115 Dollar für eine Nacht in einer „black poor area“ (Zitat des Mannes auf dem Campingplatz, der unsere Anmeldung aufnahm). Der Platz hat den Charme eines überteuerten Parkplatzes und gewinnt damit 2 Preise, hässlichster und teuerster Stellplatz der gesamten USA- Tour.

Diese Kombination sagt alles über die hohen Grundstückspreise in der Stadt. Wir bleiben nur eine Nacht und nutzen einen Teil dieser, den nächsten Tag sinnvoll zu planen. Da wir nur bis spätestens 12 Uhr auf dem Campingplatz stehen bleiben dürfen, stellt sich die Frage, wo der Camper ohne unsere Aufsicht parken kann. Wohlbemerkt, ohne, dass wir ihn aufgebrochen wiederfinden. Wir hören uns einige Schauergeschichten an und gehen dann doch volles Risiko, parken das gute Stück in der Nähe der nächstgelegenen Straßenbahnhaltestelle. Die ganz wichtigen Dinge nehmen wir mit, das Netbook macht den Ausflug in die Stadt auch mit. Es ist eine arme Gegend, einige zwielichtig aussehende Gestalten lungern auf der Straße herum, wohl ist uns nicht!


Etwa eine Stunde benötigen wir bis zur Waterfront, genannt „Fisherman`s Warf“. Auch heute noch sticht eine kleine Fischerflotte von hier in See, vor allem aber ist es ein Touristenmekka mit Andenkenläden und Take-aways. Pier 39 ist der touristische Mittelpunkt hier im Hafengebiet. Das am 4. Oktober 1978 eröffnete Pier wurde aus "historischen" Planken der Piers 3 und 34 aus dem Jahre 1910 errichtet und ist die Attraktion in sich. Dementsprechend hoch frequentiert ist dieser Ort.


Man trifft auf Menschen aus allen Teilen der Erde, die mit Fotoapparat ausgestattet über die Holzstege flanieren.
Unser Ziel war eine Fahrradausleihe. Für 99 Dollar bekamen wir nach der obligatorischen Sicherheitseinweisung Fahrräder und Helme sowie 2 Karten für die Fähre. 

  


Wir wollen der Empfehlung des Anbieters folgen und mit dem Fahrrad über die Golden Gate Bridge bis nach Sausalito fahren und für den Rückweg das Schiff nehmen.
Vermutlich war der 18.April der erste richtig schöne Frühlingstag in San Francisco, 25°C und blauer Himmel. Wir waren nicht die Einzigen mit der Idee, auch andere „Räder“ fanden ihre Abnehmer und so wurde es eng auf den Wegen, zumal so manch Verkehrsteilnehmer die Schilder nicht lesen konnte.

 

Unser erstes Ziel war die Brücke über das goldene Tor.



Klingt komisch und sagt eigentlich auch keiner. Das 1995 zum „Weltwunder“ erklärte Bauwerk war bei seiner Eröffnung 1937 die längste Hängebrücke der Welt.
Auf dem Weg dorthin fahren wir an einem Stadtstrand und an mehreren Grünanlagen vorbei.

 
  
 

Auf der Brücke selbst wird es dann deutlich lauter und enger. Unmengen an Autos quälen sich trotz Mautgebühr (gilt für alle Brücken der Stadt) täglich über das Wahrzeichen der Stadt. Zudem teilen sich Fußgänger und Radfahrer eine Seite neben der Fahrbahn, wohlbemerkt hin und zurück. 

  


Ein Vergnügen ist das nicht und erfordert einige Konzentration. Mittig auf der 2737m langen Brücke ist zumindest der Fußgängeranteil geringer. Hier steigt man am besten ab und lässt Brücke und Stadt auf sich wirken.

Alcatraz, eine kleine Insel (nur 8,5 ha groß) in der Bucht sieht man von hier (ist aber leider nicht auf dem Bild). Sie diente zwischen 1934 und 1963 als eines der zur damaligen Zeit bekanntesten und berüchtigtsten Hochsicherheitsgefängnisse der USA. Heute kann man eine Fährfahrt mit Besuch der Räumlichkeiten und Rückkehr noch am gleichen Tag buchen.
Auf der anderen Seite der Brücke bietet sich dann am so genannten Vista Point am Highway 101 ein sehr schönes Panorama.

Es geht im Folgenden fast ständig bergab. Wir erreichen Sausalito. Die Stadt auf der anderen Seite der Golden Gate Bridge ist vermutlich an normalen Tagen ein idyllischer Ort. An diesem jedoch (Kaiserwetter!) erinnerte der Menschenauflauf am Fährhafen eher an Flüchtlingsströme und das nahm dem Ort ein wenig die Beschaulichkeit. 



Hunderte Fährticketinhaber, größtenteils mit Fahrrädern unterwegs, standen in Viererreihen und warteten bereits auf eine der im Stundentakt fahrenden Schiffe. Die 1. Fähre nahm uns noch nicht mit, bei der 2. Fähre war es knapp…

Auf dem Sonnendeck genießen wir die Rückfahrt, dann wird es noch einmal dramatisch. Was ist das? Gibt es einen Tsunami?  



Natürlich nicht, es ist der berüchtigte Nebel, der sich über die Stadt und ihre berühmte Brücke legt. Die kalten Winde des Pazifiks treffen auf die warme Luft Kaliforniens.  Im Ergebnis des Aufpralls der unterschiedlichen Luftströme entsteht dann eine dichte Nebeldecke. So kommt es, dass die Temperatur binnen sehr kurzer Zeit um bis zu 10 Grad fällt.

 

Etwa nach einer halben Stunde legt die Fähre am Hafen an. 



Man möge sich vorstellen, etwa 100 Fahrräder, werden in Windeseile auf dem Schiff in einer Doppelreihe nebeneinandergestellt. Alle sehen irgendwie gleich aus, da es nur wenige Anbieter von Leihrädern gibt. Und dann soll man beim Anlegen der Fähre gleich wissen, welches das „Eigene“ ist und also in der richtigen Reihenfolge zugreifen. Ich hätte es nicht gedacht, das hat aber funktioniert. Später erzählte mir eine Frau, dass an der Decke Parkpositionen angezeichnet waren, man hätte sie sich wie im Parkhaus einfach merken müssen.
Nach Abgabe der Räder fahren wir mit der Straßenbahn noch kurz in die Downtown, können aber nichts finden, was uns länger hier halten sollte und machen uns wieder auf den Rückweg zum Wohnmobil.

  

Ein wenig bange ist uns schon, aber wir finden unseren fahrbaren Untersatz so vor, wie wir ihn verlassen haben. Vielleicht lässt diese kleine Variante eines Campers nichts wirklich Wertvolles im Inneren vermuten.
Das war also die Stadt, die nach dem Heiligen Franziskus, also Franz von Assisi, benannt ist. Es soll eine der lebenswertesten Städte der Welt sein. Die vielen Obdachlosen hat man bei der Erstellung des Rankings wohl nicht gefragt. Wir haben nur einen winzig kleinen Teil der Metropole gesehen. Vielleicht wäre die Euphorie größer, wenn wir im historischen Teil der Stadt unterwegs gewesen oder mit den Cable Cars gefahren wären. Chinatown und den Golden Gate Park haben wir nicht besucht, die Stadt verdient es vielleicht wirklich, so gelobt zu werden. Bei uns ist aber zumindest nie wirkliche Begeisterung aufgekommen. Vielleicht, weil uns die Nationalparks zuvor sooo beeindruckt haben.

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