Samstag, 20. April 2019

bei den Menschenfressern

Richtung Süden, es geht wieder Richtung Süden.
Die Straße ist die selbe wie auf der allerersten Campervan-Tour, nur das Fahrgeräusch ist schwächer, der Abstand zur Fahrbahn geringer und hinter dem Fahrer / Beifahrer befindet sich deutlich weniger Restauto. Bereits nach ca. 50km verliert sich rechts die bereits bekannte Straße - oder besser, wir sind nach Osten, nach links abgebogen.

  Wie bei unserer Tour über die Südinsel hat uns Rob auch für die Nordinsel auf einer Übersichtskarte etliche Plätze markiert, die ihm besuchswürdig erscheinen. Das ist eine wirkliche Hilfe. Ab jetzt gilt also wieder: "We are hard working on Rob's crosses." Und zwei der Kreuze liegen auf der Coromandel-Halbinsel, das also ist unser nächstes Ziel.
Ein gefährliches Ziel. Michelle hat uns eine Warnung auf den Weg gegeben: Einige Maori fühlen sich durch "die Weißen" benachteiligt, stehen ihnen feindselig gegenüber. Es soll einige "Wehrsportgruppen" geben, quasi organisierte Maori-Reichsbürger. Touristen sind wohl schon ausgesprochen unfreundlich behandelt worden, wenn sie versehentlich in Stammesgebiete eingedrungen sind. Und da Maori (hoffentlich nur) in früheren Zeiten ihre Feinde zu verzehren trachteten gilt ab jetzt:
  ANGST!
Wir fahren zu den Menschenfressern.

So richtig klar ist noch nicht, wie wir es mit den Unterkünften funktionieren soll. Bisher haben wir uns häufig auf die Camping-App verlassen, auch für die erste Unterkunft lassen wir uns daher von ihr leiten. Die Straße schlängelt sich entlang der Westküste ...
... überwindet einmal eine Hügelkette ...
... führt dann wieder an die Küste und bald darauf nach Papa-aroha, einigen verstreuten Häuschen an der Küstenstraße mit dem Campingplatz.

In NZ offerieren fast alle Campingplätze sogenannte Cabins, also Hütten seltener auch größere Zelte mit unterschiedlich komfortabler Ausstattung - was sich natürlich im Preis wiederspiegelt. Unsere Cabin gehört zu den billigsten - es gibt einfachstes Stahlrohrmobiliar: 4 Doppelstockbetten, ein Einzelbett, ein Tisch, 3 Stühle aber eine große Kühlkombi mit üppigem Gefrierteil. Der Sinn der Möblierung hat sich nicht vollständig erschlossen, jedoch passt das überdimensionierte Gefrierfach, wenn man das Logo des Campingplatzes sieht: "great for fishing". Bis auf uns hat hier jeder ein Schwimmdings mit mehreren Rutenhaltern. In den kleineren muss man noch selbst paddeln, auf den größeren kann der Gatte in der Kajüte den Mittagsschlaf halten, die Gattin räkelt sich auf dem Vorschiff in der Sonne während die vollautomatische Angelanlage am Heck werkelt. Allen gemeinsam ist, dass sie Fisch anlanden - und der wird dann ausgeweidet und filettiert, das Ganze weniger als 20m von unserer Cabin entfernt ...

Nun ja, der Campingplatz ist nicht hinreißend, aber eine Begebenheit muss unbedingt erwähnt werden:  Wie wir so nach Sonnenuntergang ...
... in der Zeltplatzküche unseren Salat zurechtschnitzeln und mit einer Frau ins Gespräch kommen (so gut das mit unserem Englisch möglich ist) bekommen wir zwei große Fischfilets (Red Snapper) sowie eine Zitrone geschenkt und obendrein für die Zubereitung eine geeignete Pfanne geliehen - einfach so.

Der nächste Tag führt uns über die Bergkette im Inneren der Coromandel-Halbinsel ...
... zu deren Ostküste.
Dort gibt es einfach die schöneren Strände.


Und es gibt den Weg zu Cathedral Cove ...

... mit dem Weg durch die Cathedral Cave.

Beim Queren solcher Felsüberhänge beschleicht mich zumeist ein ungutes Gefühl. Ich kann meine Vor-Vorfahren gut verstehen, die irgendwann beschlossen, ihre Höhlen zu verlassen um in Statik-geprüfte Häuser zu ziehen.

Zum Besuch von Cathedral Cove gehört auch ein Wellenbad ...
... mit (wie geil) anschließender Süßwasser-Naturdusche.
Allerdings habe ich das Duschvergnügen nicht unnötig ausgedehnt. Einerseits ist das Wasser recht frisch temperiert, andererseits - ihr wisst schon - bei einem Felsüberhang kommt irgendwann eben nicht nur Wasser herunter.

Wir bleiben an der Ostküste, die Sonne senkt sich bereits, ebenso senkt sich das Wasserniveau zur Ebbe und gibt einen Strandabschnitt frei, an dem sich Erstaunliches ereignet.
Weder eine religiöse Veranstaltung noch Freibierausschank führen zu dem Menschenauflauf. Ebenso verfehlt ist es, hier den Austragungsort für einen Schlammlochbauwettbewerb zu vermuten.
Der Sinn erschließt sich, wenn man seine Füße im Boden versinken lässt ...
... es wird warm. Am Hotwater-Beach wird wohl demnächst kein Vulkan ausbrechen, aber das heiße Magma hat hier einen Boten in die Nähe der Erdoberfläche entsandt.


Mittlerweile ist die Sonne untergegangen ...
... und der Weg zurück an die Westküste der Koromandel-Halbinsel steht noch bevor.
Auf einer Gravel-Road bei Nacht durch die Coromandel-Range, immerhin ein Mittelgebirge - und dann kann hinter jeder Ecke ein Menschenfresser lauern ... 
Es ist zwar wohl nur ein Fall dokumentiert, in dem eine weiße weibliche Person verspeist wurde (Männer sind einfach köstlicher). Trotzdem gruselt sich meine Holde mehr als ich - zumal sie im Fall des Falles aussteigen müsste, denn ich bin ja der beim Autovermieter eingetragene Fahrer.
Nun ja, die Maori waren offenbar satt. Und vorallem, sie teilen sich wahrscheinlich zu etwa gleichen Prozentsätzen wie der Rest der Menschheit in nette / erträgliche und blöde Typen.


Der nächste Tag führte uns wieder in die Coromandel-Range, die angepeilte Wanderung auf einen der Aussichtsberge entfiel jedoch, die Straße bis zum Ausgangspunkt des Weges war nur etwas für Allradfahrzeuge. Immerhin, ein kleines Besucherzentrum am Ende der aphaltierte Straße vermittelt u.a. einen Eindruck von den gewaltigen Stammesumfängen einiger historischer und noch lebender Kauri-Bäume.


Der nächste Anlauf in die Coromandel-Range ist erfolgreicher. Kein Wunder, seit etlichen Jahren führt eine gut ausgebaute Straße durch diesen Höhenzug. Ein eher spontaner Stopp zeigt, wodurch die Straßenführung inspiriert wurde. In den 1890er Jahren wurde hier die weltweit modernste Goldgewinnungsanlage betrieben und offenbar über den Vorgänger dieser Straße erschlossen.
Nun erschließen Fußgängerbrücken die Reste der ehemaligen Anlagen ...
... ein Wanderweg schlängelt sich entlang des Flusses ...
... und es gilt einen Eisenbahntunnel zu durchwandern.
Die Gefahr, dass uns ein Zug entgegenkommt ist vergleichsweise gering - die Schienen sind mittlerweile abgebaut.


Am späten Nachmittag erreichen wir mit dem Ort Tauranga sozusagen die Basis der Coromandel-Halbinsel und damit unser nächstes Ziel.

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