Montag, 18. März 2019

Soundcheck

"Was der Alte wieder hetzt. Der Weg zum Aussichtspunkt ist mit 10 min beschrieben, es gibt aber auch einen Rundweg, veranschlagte Zeit mehr als eine Stunde - und wo entlang werde ich getrieben ... "
So die möglichen Gedanken der Dame, die hier ihre schmerzenden Knien betrachtet ...
... sich dann der Aussicht widmet ...
... um anschließend der Situation (wenigstens für das Foto) das Beste abzugewinnen.
Wir bewundern hier einen kleinen Abschnitt der Marlborough-Sounds.

Mit Sound ist in diesem Fall nicht das Geräusch gemeint, das langjährige Raucher einer ähnlich klingenden Zigarettensorte beim Atmen erzeugen. Sounds sind vielmehr Flusstäler an einer überfluteten Küste, "ertrunkene" Flusstäler. Also anders als die durch Gletscher ausgeschobenen Fjorde eher flach.
"Moment mal" sagt der aufmerksame Leser, was ist dann mit dem Milford-Sound?   Nun, hier haben wir es mit einer Fehlbezeichnung zu tun. Eigentlich müsste es Milford-Fjord heißen, nur kannten die Namensgeber aus ihrer englischen Heimat keine Fjorde und haben daher eine ihnen geläufige Bezeichnung gewählt.
Die zu den "ertrunkenen Flusstälern" zugehörigen Flüsse gibt es natürlich noch, nur dass die Unterläufe eingekürzt sind. Und so finden sich am Ufer der Sounds gelegentlich Orte, an denen die von Hochwässern mitgeführte Holzfracht abgelagert wird.

Unsere Unterkunft finden wir auf Smith Farm.
Zur Begrüßung gibt es Muffins, Pellets und ein geheimnisvolles Kärtchen.
Die Pellets sind vorrangig für die Kinder gedacht - nicht zum Verzehr, also nicht zum Futtern sondern zum Füttern. Potentielle Abnehmer gibt es auf der Farm reichlich. Begünstigter ist in diesem Fall Peter, ein Ziegenbock - und Peter frisst praktischerweise die Pellets samt Behältnis. Bevor etwas danebenkleckert, wird Jutta die Papiertüte aus der Hand gerissen und kurz darauf ist sie nebst Pellets im Ziegenmaul verschwunden.
Das Kärtchen kommt erst nach Sonnenuntergang zum Einsatz. Wir folgen dem darauf skizzierten Pfad, überwinden dabei mehrere Weidezäune und tauchen in den Wald ein. Der Weg ist nur noch mit Mühe zu erahnen, trotzdem bleiben die mitgeführten Stirnlampen ausgeschaltet. Und tatsächlich, nach geraumer Zeit entdecken wir bläuliche Lichtpunkte. Der Pfad erreicht einen Bachlauf und schlängelt sich daran empor. Ein schwaches Plätschern und Rauschen wird hörbar und verstärkt sich, je weiter wir vorankommen. Gleichzeitig wächst die Anzahl der sichtbaren Lichtpunkte.
Und dann stehen wir am Fuße eines kleinen Wasserfalls. Die obere Kante ist in der Dunkelheit kaum zu erkennen, aber hunderte Lichtpunkte säumen die Felswände, wetteifern mit dem Sternenhimmel und machen so die Konturen der Umgebung erahnbar. Ein wahrlich sehr eindrucksvolles Erlebnis.
Leider haben wir hierzu keine Fotos, unsere Knipse war eindeutig überfordert, allenfalls zeichneten sich die Lichtpunkte der "Glowworms" ab. (Die hiesigen "Glühwürmchen" gehören wie bei uns zu den Insekten, erzeugen aber ähnlich den Spinnen klebrige Fangfäden, die zusätzlich mit Lichtpünktchen ausgestattet sind.)


Was sich hier dem Betrachter darbietet, ist keine neue Lebensform ...
... sondern meine weibliche Begleitung, "angstvoll" 😏 in ihrer Schwimmweste verborgen, auf einer Kajaktour ...
 ... im Queen-Charlotte-Sound (einer der Marlborough-Sounds).
Die Bedingungen sind anfangs mehr als freundlich ...
... später frischt der Wind auf und bei der Querung des Sounds über etwa 1,5km offenes Wasser ...
... wird es ein wenig spritzig.
Zwischendurch gibt es einen Stopp am Muschelstrand ...
... viel Steilküste ...
... mehrere Inselchen ...
... und eine Picknick-, Bade- und Rumlümmelpause.

Blau in blau in blau - Meer, Himmel und Blümchen - tschüss, Queen Charlotte.




Titirangi, ein schöner Name. Der dortige Campground im Norden zwischen Queen-Charlotte und Pelorus-Sound soll abgelegen aber idyllisch sein - beide Gründe lassen Titirangi zu unserem nächsten Ziel werden.
Relativ schnell wird klar, dass die optimistische Ansage am Straßenrand ...
... nicht zu halten ist. Die Straße bietet viele bezaubernde Ausblicke ...

... ist aber schmal und ausgesprochen windungsreich. Die Durchschnittsgeschwindigkeit mit unserem 7,20m langen Camper liegt nicht über 30 km/h.
Später wird die Straße zwar weniger gewunden, dafür aber zur Gravel-Road, das ist die neuseeländischen Variante einer Schotterpiste.
 Die Durchschnittsgeschwindigkeit sinkt weiter.
Titirangi scheint immer weniger attraktiv, das neue Ziel wird der Zugang zum Mount Stokes, mit 1203m der höchste Punkt der Halbinsel. Nachdem wir unseren Campervan auf etwa 600m Höhe gequält haben, bestätigt sich unsere vorherigen Befürchtung, Richtung Mount Stokes liegt alles in Wolken, die erhofften Ausblicke sind nicht zu erwarten.
Also Kommando zurück, wir lernen die Straße jetzt aus der anderen Richtung kennen.

Und wohin jetzt? Irgendwie den Pelorus-River aufwärts auf einer Hauptstraße. Der Plan ist (es gibt keinen), irgendwo in der Nachbarschaft der Straße einen schönen Stellplatz zu finden. Wir probieren dies und jenes, biegen irgendwann rechts ab, werden aber auch dort nicht fündig, fahren trotzdem weiter, queren in der Dämmerung eine Bergkette und landen in Okiwi Bay. Wegen der nunmehr herrschenden Dunkelheit erkennen wir nicht, ob hier eine Beschränkung für Campervans existiert. Aber außerhalb des Ortes gibt es an der schmalen Bergstraße keine Parkmöglichkeit, wir stellen uns an eine Trailerrampe und hoffen auf eine strafzettelfreie Nacht. (Die Fotos sind vom nächsten Morgen.)



Der nächste Tag sieht uns wieder auf dieser Straße, wieder über eine Bergkette, wieder mit einer Passhöhe von etwa 300-400m, diesmal aber mit tollen Ausblicken.



Die Straße endet in Elaine Bay und 300m vor ihrem Ende liegt der Campground - ein Rondell, an dessen Peripherie Zelte und Campervans stehen.
Kein Stellplatz mehr frei.  Ja, man könnte sich noch irgendwo dazwischen quetschen (einige Spätankömmlinge werden das dann auch tun), doch die Mitte ist noch frei. Leicht erhöht, von allen Seiten einsehbar aber auch mit Blick in alle Richtungen. Je nach Sichtweise sitzt man auf dem Präsentierteller oder dem Feldherrenhügel. Wir entscheiden uns für Letzteres.

Eine Küstenwanderung, die Sichtweise entspannt ...
... oder hoheitsvoll ...
... und in dieser Bucht endend.
Auf jeden Fall ist die Lust geweckt, hier ...
... zu paddeln.

Passenderweise gibt es einen Kajak-Vermieter in Elaine Bay, der Typ ist unkompliziert und freundlich, die Miete für neuseeländische Verhältnisse günstig - und so starten wir am Folgemorgen auf den Pelorus-Sound (zumindest auf einen seiner Teilabschnitte).
Wir passieren eine Insel mit Lücke ...
 ... eine Installation ...
... an der man sich ein Muschel-Essen besorgen kann (nach Meinung des Kajakvermieters bei geringen Entnahmemengen ohne negative Konsequenzen befürchten zu müssen, etwa wie beim Mundraub) ...
... und starten mit der Querung eines etwa 2km breiten Meeresarms.

Und dann geschieht das Unerwartete.
 Die Fluke gehört zu einem Delphin ...
... einer von vieren ...
... offenbar eine Mutter mit Kalb ...
... und zwei weiteren, bei denen wir "festgelegt" haben, dass es sich natürlich nur um den Vater und das ältere, fast ausgewachsene Kind der Familie handeln kann.

Die vier sind erfreulich gemächlich unterwegs, es reicht daher, dass einer von uns paddelt, so dass der andere fotografieren kann. (Leider fand vor lauter Begeisterung die Auslöseverzögerung der Knipse keine Beachtung, somit sind fast ausschließlich Rückenpartien im Bild festgehalten.)

Wir paddeln etwa 20 Minuten mit den Delphinen, mal sind sie vor uns, mal hinter uns und manchmal tauchen sie aus der Tiefe dicht neben dem Boot auf.

Schließlich trennen sich unsere Wege, wir setzen wieder Kurs in ursprüglicher Richtung ...
... finden eine Bucht ...
... die gute Anlandemöglichkeiten bietet (das ist hier nicht selbstverständlich) ...
... und prüfen die Standfestigkeit einer der hiesigen Kiefern.

Auf dem Rückweg legen wir eine weitere Pause auf einer Insel ein ...
 ... nur etwa 2km von Elaine Bay entfernt. Aber der Ort ist so klein, man muss sich schon Mühe geben, ihn zu sehen und es ist praktisch fast unmöglich sich gestört zu fühlen. Im Vergleich zur ersten Landestelle stört nur, dass unmittelbar hinter dem schmalen Strand die Küste steil ansteigt und keinen Weg ins Inselinnere lässt.
Bei Bootsrückgabe meint der Vermieter, wir wären "lucky guys", keiner seiner Kunden hat bisher Delphine mit dem Kajak begleiten können.

Wir reisen unmittelbar nach Bootsrückgabe ab. Vielleicht hätten wir noch einen Tag auf "unserem" Feldherrenhügel mit Blick auf den Pelorus-Sound bleiben sollen.  Wie an vielen Orten, die wir verlassen haben, verbindet sich die Abfahrt mit etwas Wehmut. Aber man erfährt auf einer solch langen Reise auch, dass man immer wieder auf's Neue erhebende Momente erleben kann.

Ein letzter Blick auf einen der Marlborough-Sounds.


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